Berufen zur Evangelisation

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Über sechzig Frauen und Männer fanden sich trotz Schneetreiben im Pfarrzentrum St. Michael ein, um sich bei einem Einkehrtag auf die Fastenzeit vorzubereiten. Pfarrer Bernhard Hesse aus Kempten, neuer Sprecher der Charismatischen Erneuerung im Dekanat Augsburg und Nachfolger von Pater Wolfgang Held, sprach zum Thema „Berufen zur Evangelisation“. Die Weggemeinschaft Lumen Christi, geleitet von Waltraud Czekalla, hatte zu dem Einkehrtag eingeladen und für ein reichliches Mittagsbuffet, Getränke und Kuchen gesorgt.

Begleitet wurde der Referent von Franz Lechner aus Landsberg, der für den musikalischen Rahmen der Veranstaltung zuständig war. Er spielte Gitarre, sang dazu und sorgte mit Liedtexten, die von eindrucksvollen Bildern unterlegt waren und von seiner Frau Bärbl per Beamer an die Wand projiziert wurden, dafür, dass die Besucher mitsingen konnten.

Der Tag begann mit moderner Lobpreismusik, teils aus dem Gebetshaus Augsburg. Pfarrer Hesse sprach zunächst darüber, dass Gott im Leben des Menschen absolute Priorität eingeräumt werden müsse. Anhand von Zitaten der letzten Päpste oder von Heiligen zeigte er die Situation der Kirche heute auf. Bereits 1958 habe der spätere Papst Benedikt XVI. von einer „Kirche von Heiden, die sich Christen nennen“ gesprochen. Pfarrer Hesse zeigte anhand von Statistiken, dass der Kirchenbesuch in Deutschland ständig abgenommen habe – von 11,7 Millionen im Jahr 1950 bis 2,4 Millionen in 2016. Die Kirche verliere linear 100 000 Kirchgänger pro Jahr. Dabei sei dies nur ein mitteleuropäisches Problem, denn weltweit würden die Katholiken ständig zunehmen und den Rückgang in den westlichen Ländern mehr als kompensieren. Er führte die Entwicklung in Deutschland darauf zurück, dass der Glaube nicht mehr an die nächsten Generationen weitergegeben werde, dass in Familie und Gesellschaft nicht über den Glauben gesprochen werde. Abhilfe schaffe nur eine radikale pastorale Umkehr hin zum Herrn, Gott müsse den ersten Platz im Leben einnehmen.

Pfarrer Hesse erzählte von seiner Zeit in Türkheim, wo er vor achtzehn Jahren die ewige Anbetung eingeführt hatte. „Du darfst dich einfach bei Jesus ausruhen“, meinte er. Die Kernerfahrung in der Anbetung sei „Gott liebt dich wirklich!“ Er zitierte Mutter Theresa, die festgestellt hatte, dass ihre Gemeinschaft erst zu wachsen und zu blühen angefangen habe, als sie 1973 die tägliche Anbetung eingeführt habe. Anbeten heiße, nichts zu tun, Gott an sich handeln zu lassen, sich helfen zu lassen bei Problemen. Nach einer Kaffeepause wurde das Allerheiligste ausgesetzt und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Einkehrtag beteten eine halbe Stunde still. Die Anbetungszeit endete mit dem eucharistischen Segen.

Am Nachmittag zeigte Pfarrer Hesse einen kleinen Film über Fischer, die alles über Fische wussten, aber nicht fischten. Die Dramatik der Kirche sei, dass es ihr nicht gelinge, neue „Fische“ zu fangen. Der Hauptauftrag Jesu im Matthäusevangelium sei, Menschen zu Jüngern zu machen. Ein Jünger (Lernender) sei jemand, der mit seinem Lehrer in einer innigen Beziehung lebe und der weiß, wie und wer sein Meister ist. Fruchtbar sei ein Jünger nur, wenn er das, was er vom Meister gelernt hat, auch weitergibt, so wie Jesus es getan hat. Übertragen auf die christliche Gemeinde heiße das: „Solange sie nicht nach außen wirkt, ist die die Gemeinde tot“. Unsere Kirche sterbe am Konsumismus: Menschen mit einem großen Erwartungshorizont, die ständig meckern. Dabei sei jeder Christ kraft der Taufe berufen, andere zu Jüngern zu machen. Alfred Delp habe bereits 1941 geschrieben, dass Deutschland Missionsland geworden sei. Delp schlug vor, sich an die Menschen heranzupirschen, um sie für Gott zu gewinnen.

Aus vielen Lösungsansätzen zeigte Pfarrer Hesse zwei Möglichkeiten auf, die sich weltweit bewährt hätten: Er selbst habe in Türkheim das Pfarrzell-System gegründet; derzeit gäbe es dreißig Gruppen, die über die Dekanatsgrenze hinweg versuchen, in ihrem Umfeld zu evangelisieren. In Bad Wörishofen würden jährlich Leiterkurse stattfinden, organisiert vom Referat für Neuevangelisierung.

Eine zweite Aktion für Gemeinden würden die Alpha-Kurse darstellen, bei denen bei gutem Essen, einem informativen Film und Austausch in Kleingruppen Menschen mit fundamentalen Glaubenswahrheiten bekannt gemacht werden. Wichtig sei ein neutraler Veranstaltungsort und ein geschultes Team. Das Konzept habe sich weltweit bei fast allen christlichen Kirchen als nachweislich fruchtbar gezeigt.

Der Einkehrtag schloss mit einer Heiligen Messe ab. Der nächste Besinnungstag findet am 2. Dezember zu Beginn des Advents statt.

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